Ein gedanklicher Zwischenstopp

Wir alle machen Fehler.

Der eine ist gravierender, der andere fällt gar nicht so stark ins Gewicht. Wir alle machen Versuche, wagen etwas, gehen aus der Komfortzone. Uns allen ist bewusst, dass sich das Blatt jederzeit wenden kann. Deshalb sollten wir den Moment, in dem wir auf der Sonnenseiten verweilen dürfen, genießen. In vollen Zügen. Morgen kann wieder alles anders sein. Die Karten werden neu gemischt. Wer heute noch im Trennungsschmerz dahinvegetiert, kann morgen frisch verliebt über den Stadtplatz tanzen. Und wer heute einen geliebten Menschen für sicher an seiner Seite hält, kann am nächsten Tag eines besseren belehrt werden. Wir wissen nicht, was auf uns zukommt. Das Leben „fließt“ und es gilt, aus jeder Situation das beste herauszuholen. Immer weiterzumachen und in jeder Krise eine Chance zu sehen. Mein Leben wandelt sich ehe ich richtig angekommen bin. Aber ist ein Mensch dafür gemacht, angekommen zu sein wie ein Schiff im Hafen? Ich denke nicht. Wir sollten immer weiter schippern, auch über die raue See. Wir sollten aus unseren Erfahrungen lernen und unsere Weltkarte erweitern.

Um mich neu zu sortieren, bin ich heute den Hirschenstein hinauf.

Von oben lassen sich die Dinge leichter überdenken. Habe ich mit dem Umzug nach Straubing einen Fehler gemacht? Habe ich mich mit der Weiterbildung übernommen? Habe ich Dinge im Leben vernachlässigt, die mir eigentlich wichtig sind? Bin ich noch ich? Oder nur ein Schatten meiner selbst? Jemand, der das versucht zu tun, was er für richtig hält oder doch nur was von ihm erwartet wird? Es bedarf wohl einiges an Zeit, um wieder neue Klarheit zu gewinnen. Heute mache ich das, was mich glücklich macht: Wandern.

Die gemütlichen „Waidler“ grüßen alle herzlich.

Mit dem ein oder anderen lässt sich auch ein nettes Gespräch beginnen. Mit all meinem Frust und der ungewissen Zukunft genieße ich die Zeit in der Natur. Hier scheint alles so in Ordnung. Schon bei der Anfahrt kreuze ich idyllische Bauernhöfe, Alpakas in allen Farben blicken mir zufrieden entgegen. Wie kann nur meine Welt so „nicht in Ordnung“ sein. Beim Anstieg schwitze ich mir die Sorgen heraus. Eine Träne läuft über mein Gesicht. Hier merkt es niemand, hier kann ich weinen, wenn mir danach ist. Muss keine Maske aufsetzen. Oder nur funktionieren. Im Wald kann ich sein wer ich wirklich bin. Oben angekommen steige ich die vereisten Treppen zum Aussichtsturm hinauf. Der Wind bläst, ich friere, innerlich und äußerlich. Keine Menschenseele mit mir hier auf dem Gipfel. Als ich wieder hinabsteige, läuft mir ein Mann mit einem wunderschönen Lächeln entgegen. Der einzige in der ganzen Umgebung. Der erste seit Stunden. Er lächelt mich einfach an. Und diese simple Geste reißt mich aus meinem wirren Gedankenkarussell für kurze Zeit heraus. Wir unterhalten uns und ich freue mich über die Gesellschaft. Nach kurzem Verweilen beschließe ich den Abstieg anzugehen, verabschiede mich vom lächelnden Günther. Durch den vielen Schnee ist es beschwerlich voranzukommen ohne einzusinken. Am späten Nachmittag erreiche ich durchgefroren mein Auto. Ein Hoch auf die Sitzheizung! Für mich hat sich das Blatt heute ein klein wenig zum Guten gewendet.

Ich bin dankbar für die kleinsten, schönen Erlebnisse!

Ich schicke euch allen ein Lächeln, das von Herzen kommt.

Eure Nicole

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