Die „Frugale“ in mir

Immer wieder mittwochs checken wir das Angebotsprospekt von Kaufland & Co. Mit unserer Einkaufsliste macht sich Manuel auf den Weg und kontiert anschließend die verbrauchte Summe. So haben wir einen guten Überblick über unsere Ausgaben. Zu akribisch? Zu eingeschränkt durch das Einkaufen nach Angeboten? Was soll das bringen? So einiges!

Wir leben und lieben den frugalen Lebensstil. Manuel schon lange, ich seit er mir die wichtigsten Punkte der aus den USA stammenden Lebensform beigebracht hat. Aber was bedeutet „Frugalismus“ überhaupt? Wie lebt es sich frugal? Muss man auf Vieles verzichten?

Die Sache mit dem Einkaufen ist das eine. Die frugale Lebensweise bezieht sich aber auf das ganze Leben und damit auf alle Bereiche. Im Grunde bedeutet „frugal“ so etwas wie „bescheiden“. Der Begriff „Bescheidenheit“ beschreibt es schon ganz gut – ein bescheidenes Leben mit dem Fokus auf den Dingen, die einem wirklich wichtig sind. Es gilt zu priorisieren und sich klar zu werden, in welchen Bereichen man sich gut einschränken kann und in welchen vielleicht weniger.

Mit einer möglichst hohen Sparquote soll ein unabhängiges, freies Leben und ein früher Renteneintritt möglich werden. Unter den Frugalisten spricht man dann gerne von der finanziellen Freiheit, die du mit einem Vermögen in Höhe deiner 25-fachen jährlichen Gesamtausgaben erreicht hast.

Ein Beispiel: Wenn du einen jährlichen Verbrauch von 12.000 € hast, solltest du 300.000 € ansparen (Steuern sind hier noch nicht berücksichtigt), um finanziell frei zu sein. Dazu gehört diese 300.000 € möglichst ertragreich anzulegen, um beispielsweise von den Dividenden leben zu können, ohne an das „Ursprungsvermögen“ zu müssen.

Als ich Manuel kennenlernte war ich eher skeptisch, ob ich so leben möchte. Ich hatte Angst, etwas zu verpassen. Mein Leben auf später zu verschieben. „Aber ich bin doch jetzt jung“?! Manuel nahm mir die Angst schnell. Die gemeinsame Festlegung unserer Prioritäten war dabei wichtig. „Reisen“ ist uns unheimlich viel wert, weshalb wir hier nur bedingt sparen möchten. Beim „Essen gehen“ hingegen fällt es uns leichter, weil wir ohnehin gerne kochen und es als gemeinsame, kreative Paar-Zeit ansehen.

Bei der „Wohnsituation“ waren wir uns lange uneinig!

Ich hätte gerne einen Garten oder zumindestens eine große Terrasse, was wir in der aktuellen Wohnung einfach nicht haben. Der Platz reicht gerade so für zwei Stühle und einen kleinen Tisch. Und so konnten wir uns auf Folgendes einigen: Wir bleiben in der kleinen, günstigen Wohnung für die nächsten 5 Jahre. In dieser Zeit sind wir (vermutlich) noch kinderlos und frei. Mit dem gesparten Geld wollen wir neben unseren Investitionen am Aktienmarkt Geld für Urlaube ausgeben (eventuell sogar für eine Weltreise). Mit der günstigen Wohnung kommen wir auf Sparquoten von 60 – 70 % unseres Gehalts. Das würde nicht gehen, wenn wir uns jetzt eine größere Wohnung mit Garten nehmen würden! Das hat mich überzeugt, die nächsten Jahre bei der „Wohnsituation“ zu verzichten und dafür länger und öfter zu verreisen.

Hier meine Tipps für deinen Weg zur finanziellen Freiheit:

#1 _ Priorisiere dein Leben

Zuerst musst du dir klar werden, was dich im Leben (wirklich) nachhaltig glücklich macht. Setze hier den Fokus. Wir planen den Großteil unserer Ausgaben beispielsweise nicht für ein dickes Auto (Manuels Opel feierte schon den 18. Geburtstag 😉 sondern für Reisen. Hier setzen wir ein jährliches Budget von 3.000 – 3.500 €. Vielleicht gehst du aber auch gerne campen oder machst günstig Urlaube in Airbnbs? Vielleicht liegt deine Prio auch auf einem teuren Hobby wie Reiten oder auf hochwertigen Bio-Lebensmitteln?

#2 _ Lerne zu verzichten

Mit der Priorisierung folgt zugleich die Festlegung der Bereiche, wo du verzichten kannst. Bei uns ist das u.a. beim Konsum von Kleidung, bei der Wohnsituation, teilweise bei Freizeitaktivitäten (wie Essen gehen). Ich hole nicht wie viele meiner Kollegen regelmäßig mittags Essen von den umliegenden Lokalitäten sondern koche so gut es geht vor (unserem Gefrierschrank sei Dank). Unglaublich, was sich alleine dadurch einsparen lässt. Errechne dir die monatliche Ersparnis, die ab jetzt zusätzlich zu deinem Vermögen fließt, das dich langfristig finanziell frei macht.

#3 _ Setze dir konkrete (Finanz-)Ziele

Nach den ersten zwei Tipps kannst du dein Potenzial schon viel besser einschätzen. Als Bauchmensch habe ich es nicht immer so mit den Zahlen, aber an dieser Stelle sind sie wichtig. Setze dir eine Summe X, die du bis Zeitpunkt Y gespart haben möchtest (zur leichteren Berechnung hilft dir folgender Link: https://www.zinsen-berechnen.de/fondsrechner.php?paramid=4gqctltveh). Du solltest auch überlegen, wie du dein Geld anlegen möchtest, um den Prozess zu beschleunigen. Ich kann nur aus meiner persönlichen Sicht ETFs empfehlen (keine Anlageberatung oder Anlageempfehlung!). Werde dein eigener Finanzberater und setze dich mit Finanzthemen auseinander. Für mich als gelernte Bankerin war das jetzt nicht soo schwer 😉

#4 _ Setze dir konkrete (Lebens-)Ziele

Du musst wissen, für was du frugal lebst und dich einschränkst. Wir machen es u.a. für die (später geplanten) Kinder, um mit ihnen möglichst viel Zeit verbringen zu können. Für uns kommt dann nur noch Teilzeit-Arbeit in Frage und das muss man sich leisten können! Ich sehe zu viele Eltern bei mir im Umfeld, die mit hohen Hauskrediten nicht mal an das Wort „Teilzeit“ denken können. Wild wuchernde Immobilien-Preise zwingen uns zu sehr viel Arbeit und wenig Zeit für die Familie. Versuche auch hier (was auch immer dich antreibt, frugal zu leben) Prioritäten zu setzen und deine Lebensziele zu definieren.

#5 _ Arbeite mit Excel-Listen

Zahlen über Zahlen. Bringe deine finanziellen Ziele auf Papier. Erstelle Excel-Listen mit Vermögens-Hochrechnungen, monatlichen Budgets (je nach Lebensbereich) & Einnahmen-Ausgaben-Rechnungen. Das Ganze gibt dir ein Gerüst, macht vieles greifbarer und motiviert dich. Manuel ist unser Excel-Listen-Profi, da kann ich nicht im Geringsten mithalten. Ich bewundere ihn dafür, wie er seine finanziellen Ziele und den Weitblick mittels Listen und Diagrammen visualisiert. Aber so detailreich ist es nicht notwendig, um ein erstes Gefühl für deine Zahlen zu bekommen.

#6 _ Der Weg ist das Ziel

Um finanziell frei zu werden bedarf es einige Jahre und ein gutes Durchhaltevermögen. Setze dir auch Zwischenziele und freue dich an Fortschritten. Mit 100.000 € (investiert) kannst du es z. B. schaffen, 250 € passives (monatliches) Einkommen zu generieren. Damit bist du noch lange nicht finanziell frei, aber es ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung –250 € für die du nicht mehr arbeiten gehen musst!

#7 _ Finde Verbündete

Das ist wahrhaftig schwer! Wir haben bis dato selten Menschen mit unserem oder ähnlichen Mindset getroffen. Schade eigentlich, weil wir uns so gerne austauschen würden. Es reicht aber schon, wenn andere einen Teil deiner Einstellung besitzen. Wir haben Freunde, die auch in unserem Alter schon in Teilzeit arbeiten und nicht mehr Vollzeit arbeiten wollen.

#8 _ Vergleiche dich nicht mit anderen

Eine der größten Herausforderungen! Menschen in meinem Alter bauen wunderschöne Häuser und fahren beneidenswerte Autos. Es gibt Tage, da sitze ich neidisch vor meinem Handy und frage mich, wieso ich nicht auch so einen Weg gehe. Wieso wir nicht Haus bauen. Aber mit unseren gesteckten Zielen verfliegen die Gedanken auch schnell wieder. Ich gönne es jedem! Jeder sollte seinen Weg gehen und ich betone nochmal, dass unserer nicht der Richtige und nicht deiner sein muss.

#9 _ Lass die Leute reden

Schnell wird man mit frugalem Lebensstil als geizig und kleinlich eingestuft. So würde ich uns aber nicht bezeichnen. Wir geben auch für Geburtstagsgeschenke & Co. gerne Geld aus. Laden auch gerne mal zum Essen ein. Über solche Kommentare muss man einfach hinwegsehen können.

#10 _ Fuck you money

Je näher du deiner finanziellen Freiheit kommst, desto mehr sogenanntes „Fuck you money“ sammelt ich auf deinem Konto an. So nennen es Fruaglisten, weil man sich sozusagen unabhängig von pedantischen Chefs und fordernden Arbeitgebern macht. Sollte dir das zu bunt werden, kannst du dich umdrehen und gehen. Du bist ja schließlich nicht mehr auf dein Gehalt angewiesen. Und darum geht es im Endeffekt. Arbeiten zu können aber nicht mehr arbeiten zu müssen. Ganz ohne Arbeit wäre es ja (zumindestens für mich) auch nichts. Aber das Pensum möchte ich selbst bestimmen können!

>> Was hältst du vom Frugalismus? <<

Teile gerne deine Gedanken mit mir. Vielleicht entdeckst auch du noch die und den „Frugalen“ in dir. Auch eine Teilumsetzung ist möglich. Es gibt nicht nur schwarz oder weis 🙂 Ich hoffe, ich konnte einen Einblick mit kleiner Anleitung geben und habe dein Interesse geweckt. Es gibt zahlreiche Blogger & YouTuber (z. B. sehr sympathisch die junge Österreicherin „Minimal Frugal“), die du leicht im Netz finden kannst. Wie du vielleicht rauslesen konntest, haben sich einige meiner Werte und meine Lebenssituation durch den Frugalismus grundlegend verändert. Wenn ich die Nicole vor einem Jahr mit der Nicole von heute vergleiche, finde ich eine viel glücklichere, zufriedenere Version wieder. Frugal lebt es sich scheinbar gar nicht so schlecht 🙂

Mit etwas Durchhaltevermögen und deinen Zielen im Blick wirst du deiner finanziellen Freiheit schnell näher kommen ?

Danke fürs Lesen,

Eure Nicole

2 Kommentare

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