Unsere Aufmerksamkeitsspanne sinkt nachweislich.
Dank Smartphone. Zuhören ist nicht mehr unser Ding. Ich beobachte Menschen die Monologe miteinander führen. Jeder schnappt sich den Ball direkt wieder. Richtet den Fokus zurück. Interessieren wir uns nicht mehr für andere? Mangelt es uns an Empathie? Oder ist das (überspitzt gesagt!) eine Erziehung vermehrt zu „kleinen Narzissten“ mit Geltungsdrang ? Ich will damit nicht alle über einen Kamm scheren, aber dieses Phänomen fällt mir in letzter Zeit vermehrt auf. Lasst uns gemeinsam einen Blick auf „Energiesauger“, „Empathie“ und gut gemeinte „Ratschläge“ werfen.
Ich. Ich. Ich.
Hand aufs Herz. Jeder redet gerne über sich selbst. Teilt Gedanken und holt sich Rat ein. Aus meiner Sicht nichts Verwerfliches. Da schließe ich mich mit ein 🙂 Ungleiche Redeanteile sind nicht nur normal sondern auch völlig in Ordnung. Der eine hat vielleicht gerade mehr erlebt als der andere. Einer ist vielleicht der bessere Zuhörer. Der andere der bessere Erzähler. Mit was ich aber nur noch schwerlich umgehen kann: Mit Menschen, die ihren gegenüber regelrecht ausblenden, ihm ins Wort fallen um dann ihren „gedanklichen Müll“ abzuladen. Ich nenne sie liebevoll auch die „Energiesauger“. Wenn ein Gespräch zu Ende geht, merke ich genau: Habe ich Energie getankt oder fühle ich mich ausgelaugt. Es liegt auch nicht zwingend (aber oft) daran, dass ich mich mit einem „Energiesauger“ unterhalten habe. Unterschiedliche menschliche Ebnen, unterschiedliche Persönlichkeitstypen, eine anstrengende Art, meine Tagesverfassung oder unterschiedliche Interessen sind auch mögliche Ursachen!
Mein extremstes Erlebnis: Ein Date, bei dem er geschlagene 7 Stunden ohne Gegenfrage durchgehalten hat! Ein hübscher Mann, aber schön, so schön taktlos und bestimmt leider kein Einzelfall!
Gönnen können.
Eine Freundin von mir ist kürzlich im Paradies, auf den Seychellen, gelandet. Begeistert hat sie mir geschrieben, wie schön es dort ist. Wäre ich gerne auf den Seychellen? Definitiv. Bin ich neidisch? Definitiv! Gönne ich ihr die geile Zeit dort? DEFINITIV! Ich freue mich riesig für sie. Neid ist normal und wenn man ihn ehrlich zugeben kann, auch authentisch. Das „Gönnen können“ hängt für mich unmittelbar mit ehrlichem Interesse am anderen und Empathie zusammen. Ich freue mich über jede Info, jedes Urlaubsfoto, das sie mir schickt. Ich versuche mich in die Situation einzufühlen und erlebe ihr Glück quasi ein bisschen mit. Bin der festen Überzeugung, dass sich Empathie erlernen lässt. Und das unser Leben ein Stück schöner wäre, wenn die Anzahl an Menschen mit Empathie wachsen würde. Empathie hat aber auch damit zu tun, zu spüren was mein Gegenüber jetzt braucht. Braucht er emotionalen Beistand? Ein ermutigendes Wort? Denn auf der rationalen Ebene können wir auch vieles falsch einschätzen und noch mehr kaputt machen. Ein einfaches „ich verstehe dich“ reicht oft aus, dass es dem anderen etwas besser geht. Denn:
Ratschläge sind oft Schläge!
Sätze, die „du musst“, du „sollst“, beinhalten, finde ich unangebracht. Wie können wir uns das Recht herausnehmen, über jemanden bestimmen zu wollen? Wollen wir, dass ein Rat auch als Rat und nicht als Befehl ankommt, sollten wir einfühlsam formulieren. Beispielsweise: „Wie wäre es mit“ / „Würde es dir vielleicht helfen“ / “ Hast du schon XY probiert“ / „Ich war schon in einer ähnlichen Situation und kann dir XY empfehlen“. Hier würde ich es bevorzugen, eigene Erfahrungen aus ähnlichen Situationen zu teilen als eine Lösung zu präsentieren, die der andere umzusetzen hat. Wir bilden uns schnell eine Meinung von Menschen, die nicht selten von vielen Vorurteilen und unserer eigenen Meinung und Erfahrung geprägt ist. Innerhalb von 5 Sekunden entscheiden wir, ob wir jemanden mögen. Verrückt oder? Das heißt aber nicht, dass wir aufgrund unserer Erfahrung immer richtig liegen. Wir leben nicht das Leben des anderen. Sind nicht immer dabei. Kennen nicht alle Umstände im Detail. Also Vorsicht!
Manuel und ich liegen auf der Verträglichkeitsskala weit auseinander. Er bevorzugt es, knallhart und schonungslos seine Meinung mitzuteilen. Mir fällt das schwerer, weil ich den anderen nicht verletzen möchte. Eine Mischung zwischen uns beiden wäre sicher perfekt 😀
Zwei unterschiedliche Gesprächstypen: Intros & Extros
Vorweg: Ich erlaube mir kein Urteil, ob es besser ist introviert oder extroviert zu sein! Beide haben ihre Vor- und Nachteile. Der größte Unterschied liegt wohl darin, wie sie „tanken“: Der Intro erholt sich am besten alleine, indem er seine Gedanken sammeln kann. Extros überfordern ihn oft. Der Extro hält es nicht gut aus lange alleine zu sein. Er braucht die Bühne, jemanden der zuhört oder am besten gleich mehrere Personen. Ihm selbst fällt es oft schwer zuzuhören. Ohne Extro in größerer Runde kann es aber auch schnell still werden. Die häufigste Form ist (Gott sei Dank!) jedoch: Ambivertiert. Das ist ein Schwanken zwischen beiden Extremen. Wo würdet ihr euch einordnen? Ich neige eher dazu, introvertiert zu sein. Bin nicht der große Erzähler, aber meist ein ganz passabler Zuhörer.
Ganz egal, wo ihr auf der Skala steht:
Lasst uns wieder mehr ZUHÖREN
Wieder mehr für andere freuen. Eine Frage mehr stellen. Wieder mehr am Leben der anderen teilhaben. Empathie leben. Empathie drückt Wertschätzung aus. Jeder beginnt auf seinem eigenen Level, aber wenn jeder nur ein bisschen an sich arbeitet, dann bewegen wir uns wieder auf ein Miteinander, auf einen echten Dialog zu. Auf ein respektvolles Miteinander. Dann laugen Gespräche weniger aus und wir können uns gegenseitig bereichern. Vom Gegenüber lässt sich viel lernen!
Auf ein fröhliches „(Gesprächs)-Ball hin und herwerfen“ 😀
Fang! Fang an!
Eure Nicole
PS: Danke an alle Empathen in meiner Umgebung! Ich schätze euch sehr, danke fürs Zuhören!
Danke für den grandiosen Beitrag ?
Danke für dein positives Feedback 🙂 habe mich sehr gefreut John 😉