Aufgezwungener Kinderwunsch

Manuel hatte neulich unsere Blogs mittels Gastbeitrag bei einem bekannten Finanzblogger vorgestellt. Bei den steigenden Besucherzahlen habe ich mich gefragt, was die Leute wohl über mich denken. Ob sie mit meinen Ansichten und Gedanken konform gehen können, oder was ihnen widerstrebt. Anfangs tat sich nichts. Warten. Stille. Dann kamen die ersten Kommentare. Viele davon haben mich zum Nachdenken angeregt. Einige waren wertschätzend. Andere waren fast schon beleidigend und haben mich wütend gestimmt.

„Lasst euch nicht zu viel Zeit mit der Kinderplanung!“

Relativ schnell, bereits unter den ersten fünf Kommentaren (!), die Kinderfrage. Damit hatte ich nicht gerechnet. Wenn eine Frau auf die 30 zugeht, scheint es unverständlich, wenn man keinen Kinderwunsch hegt. Wenn man sich nicht sofort mit Leidenschaft in die Familienplanung stürzt und Erziehungsratgeber durchwälzt. Soweit, so gut. Dieser Kommentar war noch nett mit einem Zwinkersmiley 😉 versehen und bestimmt ein lieb gemeinter Rat.

„Nur Kinder sind erfüllend“

Weiter ging es etwas vehementer. Zunächst wurde uns die Kinderplanung wieder abgesprochen, weil wir erst mal selbst mit uns ins Reine kommen sollten. Mentale Erschöpfung Ende zwanzig nicht gestattet. Der nächste Kommentator setzte aus meiner Sicht dem Ganzen die Krone auf: Man solle weniger in sich hineinhören, fröhlich „werkeln“ und viele Kinderchen produzieren. Das sei DER einzige Weg hin zur Erfüllung. Ich musste es zweimal lesen. Habe mich gefragt, ob man diese Aussage so ernst meinen kann. Das Rezept sei also, sich vor seinem Inneren zu verschließen, lieber zu arbeiten um sich selbst nicht spüren zu müssen und nebenbei viele Kinder in die Welt setzen, die es ihnen gleichtun werden. Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm. Das sei das ganz große Glück.

„Wenn ihr ohnehin eine Familie plant, wieso dann nicht jetzt?“

Dann wurde uns noch die Frage gestellt, wieso wir die Kinderplanung nicht vorziehen und auf das Reisen verzichten. Dazu Bibelzitate für das Argument „Kinder machen glücklich“ von anderen Kommentatoren. Fakt ist: Ich habe keiner Kinder. Ich kann es nicht abschließend beurteilen. Vielleicht ist die Meinung der vielen Kommentatoren richtig und es gibt keinen anderen Weg zum Glück. Vielleicht sind Menschen aber auch verschieden, vielleicht ist nicht jede Mama erfüllt und glücklich, vielleicht bereut es die eine oder andere sogar. Nur wäre diese Aussage gesellschaftlich nicht akzeptiert.

„Kinder sind ein Segen“

Die stillen Gesetze und Erwartungen unserer Gesellschaft treiben mich in den Wahnsinn. Wieso darf nicht jeder seinen eigenen Weg gehen? Wieso wird uns vorgeschrieben, was gut für uns ist? Wer nimmt sich das Recht heraus, bestimmen zu dürfen, was mich glücklich macht? Sind wir Sklaven des vorherrschenden Mindsets? Leider muss ich diese Frage immer öfter mit „ja“ beantworten. Passt man nicht ins Muster, ist man komisch, erfolglos, faul. Fährt man keine dicke Karre, baut ein 700.000 Euro Haus, das die Nachkommen noch abbezahlen dürfen, hat man auf ganzer Linie versagt. Arbeitet man nicht bis zum umfallen, gibt man sich zu sehr seinem Vergnügen hin. Kauft man sich gebrauchte Kleidung, wird man von oben bis unten gemustert.

Dürfen wir nicht aus der Reihe tanzen, weil das anderen den Spiegel vorhalten würde, was sie nicht erreicht haben? Dürfen wir nicht glücklich sein, weil andere es nicht sind? Kann man es uns einfach nicht gönnen?

Wieso lassen wir nicht mehr Freiraum für Individualität?

Mehr Schein als Sein. Mehr zeigen als haben. Immer der oder die Beste sein wollen. Wieso ist es uns so wichtig, gesellschaftlich anerkannt zu sein? Weil wir Rudeltiere sind. Ein Ausschluss hätte früher den Tod bedeutet. Wenn ich einen Wunsch frei hätte, wäre das, unsere gedanklichen Fesseln zu lösen. Offener zu werden für das, was wirklich zählt: Es ist immer nur die Liebe. Unseren Mitmenschen liebend und wohlwollend zu begegnen. Andersartigkeit zu akzeptieren.

Bitte stellt mir die Kinderfrage nicht mehr!

Ich bin noch nicht so weit. Und ich weis auch nicht, ob ich jemals so weit sein werde. Ob mir Kinder überhaupt vergönnt sind. Und ob mich das „Mama sein“ erfüllt. Lasst es unsere Entscheidung sein. Lasst uns unseren Weg gehen. Und uns entscheiden, was uns erfüllt und was nicht.

Ich möchte an dieser Stelle nochmal betonen, dass es auch viel positiven Austausch und Anregungen gab! Einige Kritikpunkte habe ich mir zu Herzen genommen!

Vielen Dank fürs Lesen,

Eure Nicole

8 Kommentare

  1. Ni Nicole,

    schön geschrieben. Mach Dir nichts daraus (auch wenn es manchmal schwer fällt) Tim ist ein cooler Typ und auch einige der Leser und Schreiber seines Blogs. Aber leider sind auch viele Vollpfosten und Trolle in seinem Blog unterwegs die bewusst provozieren wollen und ihr „unerschöpfliches Wissen“ in jeglichen Lebensfragen unter die Menschheit jagen wollen. Wenn Du länger in Tim´s Blog unterwegs bist weisste ganz genau, welche Kommentare, von welchen Schreibern du getrost überspringen und ignorieren kannst.

    Ihr seid auf einem Super Weg. Geniest Eurer Leben, setzt Eure Ziele so wie sie für Euch zu dieser Zeit passen und geht Euren Weg.

    Gruß
    Rüdiger

    • Hallo Rüdiger,

      vielen Dank für deinen lieben Kommentar! Tut gut zu hören, dass es sich um Wiederholungstäter handelt. Hatte stellenweise das Gefühl, dass man uns das Glück nicht gönnt und ein anderes Mindset aufdrücken möchte. Jeder kann seine Meinung haben und vertreten, das finde ich wichtig. Was mir nicht gefällt, ist, wenn man andere „schlechtreden“ möchte. Ist wie es ist, Menschen kann man nicht ändern. Wir werden uns jedenfalls nicht verunsichern lassen 🙂 wünsche dir alles Gute für deinen Weg und DANKE nochmal!

      Liebe Grüße aus Niederbayern
      Nicole

  2. hi Nicole,
    in welchen Taliban-Foren schreibt Ihr auch? 🙂
    Ich, Frau, >60 Jahre alt, heterosexuell habe mich bewusst gegen ein Kind/Kinder entschieden und es nie bereut, es ist meine Sache, ich lasse mir nicht von Männern vorschreiben ob, wann und wieviel Kinder ich zu bekommen habe. Ich lebe einfach „mein“ Leben so wie es mir passt, ich tue damit Niemand weh. Ich bin Niemand Rechenschaft schuldig, wenn es Jemand nicht passt, so muss diese Person damit klarkommen, nicht Ich.
    Mein Lebensstil passt nicht für Alle, ich könnte darüber viel Schreiben, will ich aber nicht. Sowieso, das Internet ist nicht das wahre Leben, ich muss nicht Alles teilen.

    Alles Gute

    • Hallo Alena, vielen Dank für deine Rückmeldung! Es freut mich zu hören, dass es auch Frauen gibt, die ohne Kind glücklich sind! Ich denke nach wie vor, diese Entscheidung muss gut überlegt sein. Wünsche dir für deinen Weg nur das Beste 🙂 LG Nicole

  3. Hallo Nicole,
    ich habe euren Leserbrief auch bei Tim gelesen.
    Wieso nehmt ihr euch die Meinung anderer so zu Herzen? Egal ob Internet oder echtes Leben.

    Wir sehen es an unserem Freundeskreis, jeder/jedes Paar ist in anderen Lebensabschnitten.
    Manche haben Kinder, andere sind verheiratet und manche Single.
    Die meiste Zeit verbringt man mit denen, welche im Gleichabschnitt sind.
    Somit hat man auch Themen welche passen.
    Als Single hätte ich nur bedingt Lust mir Geschichten übers stillen usw. länger anzuhören. 🙂

    Was ihr wann macht oder nicht macht ist einzig allein eure Entscheidung.
    Das andere sich dadurch distanzieren oder weniger Kontakt zu ehemals guten Freunden habt ist der Lauf der Dinge.
    Dafür kommen neue Menschen in euer Leben, welche einen ähnlichen weg wie ihr eingeschlagen haben in euer Leben.

    Viele Grüße

    • Vielen Dank für deinen Kommentar 🙂 du hast natülich Recht, dass man sich nicht alles so zu Herzen nehmen darf. Egal ob Internet oder im echten Leben – es gibt immer Leute, die nicht gut finden, was man macht. Auch völlig ok so!

      Mir fällt nur auf, dass die Erwartungshaltung der Gesellschaft schon einen gewissen Druck ausüben kann. Die Kommentare bei unserem Leserbrief haben nur das laut ausgesprochen, was sich viele denken. Wir ecken auch immer wieder mit dem Thema Teilzeitarbeit an.

      Anders sein heißt manchmal sich ein Stück weiter rechtfertigen zu müssen (zu mindestens habe ich oft das Gefühl). Mit dem Strom zu schwimmen ist meistens einfacher.

      Aber wir machen unseren Weg und hoffen, dass wir auf diesem noch viele Gleichgesinnte treffen werden. Das wäre ein Traum, sich richtig verstanden zu fühlen.

      Alles Gute für dich 🙂

      Liebe Grüße aus Niederbayern
      Nicole

  4. Aber wieso eckt man mit Teilzeitarbeit an?
    Wegen eurem Alter?
    Die meisten würden doch gerne selbst mehr Freizeit haben.
    Wenn das Depot groß genug ist, kann man das doch offen kommunizieren und auch durchziehen mit der Teilzeit.
    Bei uns im öffentlichen Dienst, arbeiten manche 80%, andere haben jeden 2. Freitag frei.
    Es steht einem per Gesetz zu seine Arbeitszeit zu reduzieren.
    Also wozu die Aufregung:)

    • Genau, wegen unserem Alter! Meistens heißt es „was, wieso denn jetzt schon? Du bist doch noch jung!“. Ich denke, viele trauen sich nicht, diesen Schritt zu gehen, weniger zu verdienen und vielleicht auf Dinge verzichten zu müssen. Und dann fällt es vielen schwer, das anderen zu gönnen. Finde ich toll, dass das bei euch scheinbar vermehrt auftritt und damit auch ein Stück normal wird!

      Liebe Grüße
      Nicole

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert