Ein Stück Tradition

Betriebsabend

Menschenschwärme ziehen an mir vorbei. Ich vernehme dabei einen leichten Geruch von Bier und Schweiß. Es ist schwül warm, was in Tracht noch viel unangenehmer ist als in ziviler Kleidung. Das Dirndl hauteng geschnürrt. Den „Balkon“ zur Schau gestellt. Bestimmt ein Grund zur Aufregung für den ein oder anderen Feministen. Aber es hat Tradition bei uns in Bayern. Wir tragen unsere Tracht mit ganzem Stolz!

Nur wenige Schritte weiter erreiche ich das Festgelände. Das Wahrzeichen, das Riesenrad, begrüßt mich schon von Weitem. Je weiter ich komme, desto stärker verdichten sich die Massen. Ein mehr als ungewohntes Phänomen aus der letzten Zeit. 3 Jahre war Pause. Kein Volksfest und traurige Straubinger zur Folge. Umso glücklicher macht dieser Anblick. Ein Stück Tradition kommt zurück. Es ist die 5. Jahreszeit der Straubinger, die so sehr gefehlt hatte.

Früher

Als ich die Losstände streife, erinnere ich mich an Kindheitstage. An die Unbeschwertheit, als mich die Preise noch gar nicht interessierten. Losen war meine große Leidenschaft. Pflanzen und Plüschtiere sammelten sich wie Trophäen in meinem Zimmer. Erinnere mich an das Fiebern beim Öffnen der einzelnen Lose. Das nächste könnte der ganz große Gewinn, die hohe Punktzahl sein. Große Augen blicken auf die möglichen Gewinne in den oberen Reihen. In Gedanken suche ich mir bereits aus, was ich im Fall der Fälle gerne hätte. Und hin und wieder hatte ich tatsächlich Glück und konnte mir von oben etwas aussuchen. Heute, mit meinen fast 30 Jahren, sehe ich mit einem Lächeln zurück, sehe das Ganze viel zu realistisch.

Für jeden etwas dabei

Gehe weiter, passiere Essensstände, die einen herrlichen Duft verbreiten. Frittierte Zwiebelrosen, frische große Brezen, gebrannte Mandeln. Ein Gedicht für den Gaumen, weniger für die Hüften. Höre Schreie aus den Fahrgeschäften. Freefalltower, „Wilde Maus“, Geisterbahn – für jeden Härtegrad etwas dabei. Und erreiche schließlich mein Ziel: Das Festzelt Lechner. Insgesamt 7 Festzelte haben wir auf dem Gäubodenvolksfest. Jedes hat einen anderen Ruf, eine andere Zielgruppe und ist unterschiedlich gut besucht. Ich würde behaupten, das Lechner zählt zu den eher weniger beliebten Zelten. Die Arbeit hat hierher eingeladen. Es gibt einen halben „Gigal“ mit einer Radlermaß und netten Gesprächen. Wir kommen wieder zusammen. Prost!

Aufgrund der Hitze staut sich die Luft im Zelt. Eine Kollegin und ich beschließen eine Runde auf dem Gelände zu drehen. Dabei läuft mir eine gute Bekannte in die Arme. Sie verpasst uns beiden einen richtige Volksfest-Flechtfrisur (selbst schaffe ich das nicht so schön).

Manuel hat ebenfalls seinen Betriebsabend in einem anderen Zelt (& einen kurzen Bericht zum Volksfest geschrieben ;-)). Wir statten ihm einen Besuch ab, hier scheint die Stimmung richtig gut zu sein!

Das romantische Highlight

Die Lampionfahrt ist das Herzstück des Volksfestes und ebenfalls an diesem Abend. Manuels Liebe zu mir ist so groß, dass er sich kurzzeitig von den anderen verabschiedet, um mit uns dorthin zu gehen. Wir finden auf der Donaubrücke noch einen ganz passablen Platz, von dem aus wir das Spektakel beobachten können.

Beleuchtete kleine Schiffchen, Fackelschwimmer, Musik. Die Krönung bildet am Ende ein Niederfeuerwerk. Wie lange hatten wir nur keines gesehen! Wie viele Silvester sind verstrichen, ohne Feuerwerk. So ist es das erste, das ich mit Manuel gemeinsam beobachten darf. Wie schön es ist, noch gemeinsame „erste Male“ zu haben! Als wir auf das Festgelände zurückkehren, ist die Luft in beiden Zelten raus. So lassen wir diesen Abend früher als gedacht enden. Es ist nur einer von vielen, den wir dort verbringen. Aber der einzige, den wir überwiegend getrennt voneinander sind.

Mini-Urlaub“

11 Tage dauert das „Trumm vom Paradies“. 8 davon haben wir die Stimmung aufgesaugt, auf den Bänken getanzt, mit unseren Massen und den „Massen“ angestoßen. Es gab leckeres, deftiges Essen, schöne Wiedersehen und neue Bekanntschaften. Aber leider auch einige „Bierleichen“ und diejenigen, die es übertrieben haben. Es glich einem kleinen Urlaub direkt vor der Haustür!

Als ich eines abends sehnsüchtig auf das Riesenrad blicke, zieht mich Manuel mit und wir fahren eine Runde. So wie es mein Opa Jahr für Jahr getan hatte. Die Gondel fährt nach oben und wir schauen über den Festplatz. Alles ist hell, blinkt, bewegt sich. Manuel lässt mich vorne sitzen, damit ich alles besser sehen kann. Legt seine Arme schützend um mich und küsst mich von hinten in den Nacken.

Frugaler Supergau

Wer uns kennt weiß, dass wir die Kosten nie aus den Augen verlieren. Spaß ist schön, aber nur in Relation zu den Ausgaben. Da hatte uns das Volksfest auf die Probe gestellt. Natürlich wollten wir dabei sein, mitfeiern und nicht aufgrund der hohen Preise Zuhause bleiben. Der Blick auf die Speisekarte im Zelt war aber schon oft schockierend. Wer gibt denn bitte für einen Liter Spezi 11,30 Euro aus? Eine kurze Aufstellung im Überblick:

Maß Bier11,30 € (plus Trinkgeld)
100 gr. Käse 4,20 € (bei Selbstabholung 3,90 €)
Große Breze 4,90 € (außerhalb vom Zelt etwas günstiger)
Gerichte (z. B. „Kässpatzn“, Schweinebraten)ca. 15 – 25 €
Fahrgeschäfte (pro Fahrt) ca. 4 – 15 €
Schokoerdbeeren 5,00 €
Cocktail (z. B. Hafenbar) 8,50 €
Kleiner Preisauszug

An einem üblichen Abend haben wir uns rund 3 Maß Bier geteilt, 300 gr. Käse und Breze gegessen und zum Nachtisch Schokoerdbeeren oder gebrannte Mandeln. Das macht pro Abend rund 65 € und ich bin mir sicher, dass wir hier viel sparsamer als andere unterwegs waren! Dank einiger Biermakerl konnten wir unsere Kosten gut unter Kontrolle halten. Wer 65 € x 8 Tage rechnen würde, kommt auf 520 Euro.

Gebraucht haben wir am Ende aber „nur“ rund 300 € aufgrund der Makerl + kostensensiblem Umgang.

Immer noch viel Geld für uns, wo wir doch sonst kaum Essen gehen oder unnötig Geld „rauswerfen“! Dazu kamen die Ausgaben für unsere Tracht, die wir aufgrund der Wohlfühl-Beziehungskilos erneuern mussten. Manuel hat hier nochmal knapp 300 € ausgegeben, ich ebenfalls (das waren schon absolute Schnäppchen, hier kann schnell mehr als Doppelte ausgegeben werden). Wir hoffen unser Gewicht halten zu können und hier nicht sobald wieder einkaufen gehen zu müssen 😉

Fazit

Schee wars! Wir haben keinen Euro bereut und die Zeit sehr genossen. Leider ging das Volksfest für mich mit einer dicken Mandelentzündung zu Ende, die aber Gott sei Dank schon wieder am ausheilen ist.

Wart ihr am Volksfest? Wie viel habt ihr ausgegeben? Teilt eure Meinung / Erfahrung gerne mit mir in den Kommentaren.

Zum Abschluss noch ein paar Impressionen und hoffentlich nächstes Jahr auf ein Neues 🙂

Impressionen Gäubodenvolksfest 2022

Danke fürs Lesen <3

Eure Nicole

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