70 Tage Workation

Kannst du dich an den Start unserer Workation erinnern?

Für mich platzte mit dem Ankommen in Malaysia eine Seifenblase. Das erwartete Paradies entpuppte sich als eine Ansammlung von großen, grauen Wolkenkratzern.

Schockiert kauerte ich in unserem Apartment vor mich hin. „Mama, ich will heim!“ Aber es gab nunmal kein zurück. 100 Tage waren gebucht!! Tja, die Suppe hatte ich mir wohl selbst eingebrockt.

Workation

Kombination aus Urlaub und Arbeit. Welcher Teil überwiegt, ist dir überlassen.

Gut so!

Alles vorzubuchen hat uns auf der einen Seite Freiheit genommen, auf der anderen Seite mussten wir die Workation durchziehen. Mittlerweile sind von den 100 Tagen gerade mal noch 32 übrig. Höchste Zeit für ein kleines Fazit.

Wieso war es hier so leise?

Mein Blog blieb leer. Einen einzigen, kurzen Beitrag hatte ich bis jetzt verfasst. Wieso eigentlich?

Mir fehlte schlicht weg die Energie.

Ständiger Ortswechsel. Flüge. Flugverspätungen. Wechselnde Gates. Wohin jetzt eigentlich???

Neue Währung. Welcher Wechselkurs nochmal? So viel Wechselgebühr??? Dong-Millionär.

Wo sind Supermärkte? Wo bekommen wir Gemüse? Welcher Lieferservice hat genießbares Essen? Welche Lokale haben vernünftige Preise?

Wie kommen wir (möglichst günstig) von A nach B? Roller oder Grab? Reicht unser gesetztes Tagesbudget? Ist dieser Preis jetzt fair???

Schuhe aus oder an? Stromausfall. Kein W-LAN (schlecht, wenn man arbeiten muss). Karaokepartys. 3-tägige Beerdigungen (Gong). Fenster, die nicht ansatzweise dicht sind. Ungeziefer, das sich seinen Weg durch den Türspalt bahnt. Killeraktion. 40 Grad und hohe Luftfeuchtigkeit. Regenergüsse. Krisen. Streit. Tränen. Viele davon. Fieber. Heimweh.

Liste unendlich fortsetzbar.

Kaum hast du dich an die neue Gegend gewöhnt, packst du dein Köfferchen, und ziehst weiter. Beim Flug rechtzeitig online einchecken. Mit dem neuen Host Kontakt aufnehmen. Abschiedsschmerz. Auf Wiedersehen Black Panther, Hien, die nette Frau aus dem Lokal, …

Was aussieht wie Dauerurlaub, ist ein emotionaler Marathonlauf.

Und dann noch …

mein Business als – Virtuelle Assistenz – aufbauen. Kunden gewinnen. Werbung machen. Erstgespräche führen. Angebote schreiben. Probearbeiten. Jubeln. Täler. Deadlines halten. Korrekturschleifen. In neue Projekte einarbeiten. Neue Dinge lernen. Kräftezehrende Kundenbeziehungen auch wieder beenden, wenn es nicht passt. Entscheidungen. Für mich einstehen. Keine Kollegen. Kein Chef. Einzelkämpfer. Technische Probleme. Rechnungen schreiben, Rechnungseingang prüfen … immer mit der Angst, zu scheitern. In mein altes Leben zurückzumüssen.

Die Unsicherheit nicht weiter aushalten zu können.

Gewohnheit, wo bist du?

Über Langeweile kann ich nun wirklich nicht klagen. Nahezu täglich wachse ich an neuen Situationen. Egal ob am Unternehmen oder der Reise selbst. Ich lerne Dinge auszuhalten. Dinge, die ich nicht ändern kann, anzunehmen. Nicht in den Tälern zu verharren, sondern jeden Tag neu aufzustehen. An mich zu glauben.

Wackelnde Säulen

Auf dieser Workation habe ich nur eine Säule, die stehen geblieben ist: die Beziehung mit Manuel. Der Rest ist Neuland. Und selbst die Beziehungssäule wurde auf eine harte Probe gestellt. Leute, bevor ihr heiratet: Verbringt 100 Tage 24/7. Das ändert alles! Kein Rückzug. Unzählige Herausforderungen. Blanke Nerven. Unterschiedliche Bedürfnisse. Dinge, die schief gehen. Es gab aufgeladene Tage, an denen auch die letzte Säule keine Säule mehr für mich war. Eines Tages ging ich alleine an den Strand und habe einfach geweint. Weil nichts übrig war. Einfach nichts.

Was wirklich zählt

Kein Haushalt. Jeden Tag Essen gehen. Immer einen Pool in der Nähe. Und doch ein Gefühl von Leere. Was fehlt? Die Familie. Freunde. Was habe ich von Mama geträumt. Mich an den Küchentisch mit Bayerischen Spielkarten gesehnt. Die Verbindungen zu Menschen. Zur Familie. Das ist es, was im Leben wirklich zählt. 

Wieso ich es trotzdem wieder tun werde

Nichts war so augenöffnend wie diese Reise.

Der Unterschied von Malaysia zu Thailand. Die schönste Kultur, die ich je kennenlernen durfte. Menschen, die vor Herzlichkeit strotzen. Ich liebe die Thais! 

Es sind Eindrücke, die uns keiner mehr nehmen kann: Die beleuchtenden Twin Towers in Kuala Lumpur, ein wunderschöner Tag mit einem lieben Reisepärchen, Leere Strände auf Koh Lanta, eine kleine schwarze Katze (die mein Herz erobert hat), eine Begegnung mit einer waschechten digitalen Nomadin, Lampionflut in Hoi An, die beste Gastgeberin auf der ganzen Welt „Hien“, ein tränenreicher Landeanflug auf Koh Samui. 

Das bezahlt die Rechnung

32 Tage und dann???

Im Laufe der Workation wollte Manuel direkt die nächste planen. Ihm fiel vieles deutlich leichter. Ich war noch nicht so weit. Ich wollte lieber wieder Zuhause den Herbst und den Winter verbringen. Bis mir ein Foto aus dem diesjährigen März zufällig am Handy angezeigt wurde. Ich war so blass und leer. Ich hasse den Winter. Weder Zuhause noch auf der Reise ist alles perfekt. Die Probleme Zuhause hatte ich völlig ausgeblendet. Ich war nicht glücklich. Es war ein harter, langer Winter.

Auf Reisen habe ich nahezu immer die Verbundenheit zur Natur. Ich kann barfuß laufen wann immer ich will. Grün. Dschungel. Meeresrauschen. Ich fühle mich frei(er). Deshalb ist die Entscheidung gefallen, dieses Gefühl noch etwas mitzunehmen und die Reise zu verlängern

In welcher Art und Weise und ab wann, werden wir noch bekanntgeben

Ich würde mich freuen, wenn du mich weiter begleitest.

Wärst du bereit, deine Säulen wackeln zu lassen?

Deine Nicole  

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