Reisen war zur Bürde geworden. Aber wir „mussten“ aus zwei Gründen.
Grund 1: Die Krankenversicherung.
Grund 2: Die Flüge, die deswegen bereits gebucht waren (im Wert von 1.000 Euro).
Das Krankenversicherungs-Dilemma
Lasst es mich erklären.
Wenn du aus Deutschland ausreist, kannst du dich von der deutschen Krankenversicherung abmelden. Das ist für einen Selbstständigen von großer Bedeutung, weil du schnell zwischen 800 und 1.000 Euro im Monat dafür bezahlen darfst. Wenn du dich also gar nicht im Land befindest, viel Geld, oder? Also haben wir uns abgemeldet und eine vernünftige Auslandsreisekrankenversicherung abgeschlossen. Diese erlaubte uns 8 Wochen Heimaturlaub im Jahr. Damit der Heimaturlaub nicht als Reiseabbruch gilt, mussten wir also direkt Weiterflüge buchen.
8 Wochen wie im Flug
Die 8 Wochen Heimaturlaub zogen rasend schnell an uns vorbei. Ein anstrengender Heimflug, ganz viele Wiedersehen nach 100 Tagen, Gäubodenvolksfest, die größte Auftragslage, die ich seit Beginn an hatte. Dazu gesellte sich eine Geburtstagsnachfeier, ein großes Verwandtentreffen und ein Verdacht auf Gallensteine.
Schmerzen im Oberbauch
Seit Vietnam trug ich den Schmerz schon mit mir herum. Mal stärker, mal wieder verschwunden. Als es Zuhause nicht besser sondern schlimmer wurde, suchte ich Hilfe. Zunächst in einer Online-Sprechstunde über die Auslandsreisekrankenversicherung. Dort habe ich mit dem nettesten und hübschesten Arzt gesprochen, der mir je begegnet war. „Ihre Symptome hören sich schwer nach Gallensteinen an.“
Jetzt auch noch eine OP?
Das passte jetzt so gar nicht in den Zeitplan. Wann sollte ich denn das noch unterbringen. Aber wenn nicht jetzt, wann dann? Wir würden ja bald schon wieder für 200 Tage aufbrechen. Mein Handy gab parallel den Geist auf. Keine leichte Zeit. Aber so spielt das Leben. Augen zu und durch. Beim Ultraschall dann: Nichts. Eine etwas dickere Magenschleimhaut. Der Stress? Es wuchs mir über den Kopf.
Wenn Reisen zur Bürde wird.
Bis heute weiß ich nicht, was das Drücken im Oberbauch genau ist. Aber es scheint in Zusammenhang mit Reisestress, Heimweh und Business-Aufbau zu stehen. Alle sehen Palmen. Und ganz viel Meer. Und unglaublich schöne Natur. „Die Dauer-Urlauber“ heißt es immer wieder. Was keiner sieht: Die Zerrissenheit, Heimweh, das schlechte Gewissen der Familie und Freunden gegenüber, das „Nie ankommen“, die Unsicherheit, schwankende Auftragslage, … .
Doch abbrechen?
Es stand lange zur Diskussion, einfach doch abzubrechen. Mehr für mich als für Manuel. Einfach wieder ein normales Leben führen. Das, was ich so lange nicht wollte, schien wieder attraktiv. Wie eben alle anderen auch Montag bis Freitag zur Arbeit gehen und sich aufs Wochenende freuen. Einmal im Jahr den klassischen All Inklu Urlaub machen. Ich wünschte mir Normalität. Die nächsten Unterkünfte buchten wir mehr als knapp. Und dann fiel nach unzähligen Streits und Diskussionen die Entscheidung auf: Wir ziehen es nochmal durch!
5. Oktober: Reise 2 beginnt
Mama weinte, Schwiegermama weinte. „Wir werden euch vermissen“ – Wir verursachten so viel Leid. Als wir am 5. Oktober das Flugzeug Richtung Kuala Lumpur betraten, war ich völlig gleichgültig dieser Reise gegenüber. Innerlich leer. Ich freute mich nicht. Die Leichtigkeit war weg.
Kuala Lumpur
Der erste Anflug von Freude kam am Flughafen Kuala Lumpur. Ich mochte Kuala Lumpur. Alleine schon, weil wir uns hier auskannten. Ich fühlte mich dort nicht mehr fremd. Die Straßen vom Flughafen zur Unterkunft waren bereits bekannt. Als Gewohnheitstier gab mir das unglaublich viel. Ich konnte mich wohlfühlen.
Eliah
Die ersten Tage plagten mich starke Rückenschmerzen, die ich mit Sport in den Griff bekam. Ich durfte mich jetzt auch wieder um mich kümmern. Mir Gutes tun. Nicht mehr nur funktionieren und von Termin zu Termin hetzen. Ich durfte durchatmen.
Und so vereinbarte ich einen Friseurtermin bei Eliah. Die beste Entscheidung, die ich zu der Zeit treffen konnte. Diese 3 Stunden waren unglaublich schön! Eliah versprüht pure Lebensfreude. Wir lachten viel und ich verlor zum ersten Mal meine Hemmung, Englisch zu sprechen. Nicht nur meine Haare glänzten wieder. Ich strahlte zum ersten Mal seit langem. Eliah brachte mir ein Stück Lebensfreude zurück. Bis heute sind wir in Kontakt und werden uns wiedersehen. Danke!!
Die Wärme Balis
Es ging also endlich wieder bergauf. Das Heimweh gehörte einfach schon dazu. Außerdem wurde es Zuhause kälter, was die Wärme Balis umso schöner machte. Für uns gab es dieses Jahr nur eine Jahreszeit: Sommer! Wir würden erst Ende April zurückkehren. Lichtmangel ade.
Ein Volltreffer
Unsere erste Unterkunft auf Bali war ein Volltreffer. Ich liebte sie vom ersten Moment an. Das war Zuhause. Zuhause nur am anderen Ende der Welt. Ein prachtvoller Garten. Eine riesige Terrasse. Wunderschöne, hochwertige Zimmer. Seit Monaten kam ich endlich wieder ein Stück an.
Und dann kam Sissi
Dieser Ort hatte etwas Spirituelles. Springbrunnen, Räucherstäbchen, Buddah, ganz viel Ruhe. Und: Sissi. Seit der wohl schmerzvollsten Trennung meines Lebens habe ich nicht nur meinen Partner verloren, sondern auch meine Luna. Es blieb immer eine Lücke. Eine Lücke, die Sissi kurzzeitig füllte.
„Du schaust glücklicher aus.“
Als wir mit Freunden telefonierten, stellten beide fest, dass diese Reise anders zu sein scheint. Anders als Reise 1. Ich grinste über beide Backen. Die Kombination aus Garten, Ruhe, Sissi und einem phänomenalen Fitnessstudio machte mich unglaublich glücklich.
Lotty
Auch Lotty trug zu meinem Glück bei. Endlich lernten wir Leute kennen. Unsere Unterkunft war so familiär, dass man (wenn man wollte) leicht in Kontakt kam. Lotty war frisch getrennt und ging alleine auf Reisen. Sie verarbeite ihren Schmerz, wie ich es vor einigen Jahren auch hätte tun sollen. Das bewunderte ich. Sie war mutig, offen und taff. Auch mit ihr trainierte ich mein Englisch. Und: Sie nahm mich mit ins Fitnessstudio. Mit ihr wurde auch ich ein Stück mutiger. Ich traute mich, alleine mit einem Grab zu fahren. Alleine und unabhängig von Manuel zu funktionieren.
Mehr Leichtigkeit
Die Schmerzen im Oberbauch? Zu dieser Zeit wie verschwunden. Die neue Leichtigkeit hatte auch Auswirkungen auf unsere Beziehung. Wir wuchsen wieder mehr zusammen. Mehr als einmal stand die Beziehung auf der Kippe. Aber: Wir haben nie aufgegeben.
Eine solche Reise verlangt dir viel ab. Aber sie gibt dir auch unheimlich viel. Mein größtes Learning: Wir dürfen sie so gestalten, wie sie uns gut tut. Wenn wir unsere Wohlfühlorte gefunden haben, dürfen wir dort immer wieder hin. 2,3,4,5 Mal. Egal, wer das langweilig oder öde findet. Es ist unsere Reise.
Nur 14 Tage
Unser „zweites Zuhause“ hatten wir nur 14 Tage gebucht. Leider konnten wir nicht direkt verlängern. Allerdings hatten wir bei unserem Gastgeber direkt weitere Termine reserviert. 2 Wochen mussten wir uns aber eine andere Bleibe suchen. Wie schwierig die nächsten 2 Wochen werden würde, wussten wir zu der Zeit noch nicht.
Wie es weiterging?
Das verrate ich dir im nächsten Beitrag.
Deine Nicole